Dienstag, 1. Januar 2008

Short Stories (3): Der letzte Tag

Er sollte etwas Besonderes werden, beschloss P.
Wissen Sie, hatte er zu seinem guten alten Freund F. gesagt, wir kannten uns nun schon so viele Jahre. Ja, viele Jahre, hatte F. geantwortet, viele gute Jahre, nicht wahr mein Lieber? Er hatte genickt, wissen sie noch, wie wir im Winter den Mädchen beim Eislaufen schöne Augen machten, nur um dann festzustellen, dass ein Anderer schneller war, denn er hatte schönere Augen gehabt? Oh ja, lächelte auch F. nun, oder die Abende, die vor den Häusern unserer Angebeteten verbrachten, egal, wie kalt oder schwül es auch sein mochte. Ja, sagte P. immer waren die Frauen unser Antrieb gewesen, all die langen Jahre. Sie saßen auf dem Gehsteig, zwei hölzerne Klappstühle stützten ihre alten Körper. Wissen sie, F. sagte P, ich glaube, es ist einfach an der Zeit, zu gehen. Morgen, der letzte Tag und was käme danach? Ist es denn wichtig, zu wissen, was dann kommt, fragte sich P. Lassen sie uns nochmals rauchen, lassen sie uns, ich bin wirklich versucht, dass vorzuschlagen, mein Lieber, lassen sie uns Eislaufen gehen. Eislaufen? Alleine der Gedanke, seine Knie auf den dünnen spitzen Kufen der nicht mehr sehr zuverlässigen Beherrschung seiner Selbst anzuvertrauen, verursachte P. Schmerzen. Er konnte die Stürze bereits fühlen, aber er wusste auch, dass er nach jedem Sturz wieder aufstehen würde. Na gut, der letzte Tag, er sollte etwas besonderes werden, also, lassen sie uns Eislaufen gehen, mein guter Freund.
Sie erhoben sich. Winkten einander zum Abschied zu.

Am nächsten Tag brach die Sonne bereits früh durch die winterlichen Wolken. Sie beschien den kleinen See, an dem die beiden ihr Leben verbracht hatten, Frühlings, Sommers, Herbste und Winter. Ungezählte. Vielleicht dachten einige, die jenen beiden Männern dabei zusahen, wie sie mit wackeligen Knien die ersten Runden drehten, Oh mein Gott, warum tun sie sich das an? Noch dazu hatten P. und F. beschlossen, sich zuerst gegenseitig an der Hand zu halten. Der Sicherheit halber, wie F. gewitzelt hatte.

P. hatte Schmerzen. Körperliche. Und Seelische. Wo ist mein Mut geblieben, die Hand meines Freundes los zu lassen, wo ist mein Wagemut geblieben, jetzt diesem jungen Mädchen hinterher zu schießen, sie zu überholen und dabei zu winken? Er beschleunigte. Sie wollen es noch mal wissen, oder mein lieber P. fragte F.
Ja. Ich will es noch mal wissen.
Es wird ihnen doch nicht zu schnell, ich meine, wenn sie wünschen, dann drehen wir unsere Runden ein bisschen langsamer...
Nein, nein, sagte F. abwinkend, ganz im Gegenteil, geben Sie mir noch eine Runde Zeit, dann bin ich bereit.
P. war dankbar.
Genau eine Runde später ließ F. seine Hand los, fast wäre er gestrauchelt, als sein Freund ihn ohne Vorwarnung los ließ.
Wir sehen uns am Ende der Runde, rief F. und zog davon.
Das werden wir sehen, sagte P. und trat an.
Und die, die zuvor noch zwei alten Männern mit wackeligen Knien mitleidsvoll dabei zugesehen hatten, wie sie sich an einer Sache versuchten, die vielleicht ein wenig zu groß geraten war, die staunten nun.
Die Mädchen winkten zurück.
Die Sonne brach Strahlen auf dem Eis.
f.k.

(Foto: zzathras777/flickr)

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